Die meisten Händler stehen vor der Herausforderung, die optimalen Maßnahmen für das Wachstum ihres Geschäfts zu identifizieren und umzusetzen. Hierbei steht immer stärker das organische Wachstum im Fokus, also ein wesentlich höheres Umsatzvolumen mit dem vorhandenen Kundenbestand und möglichst gleichzeitig wachsende Margen zu erzielen. Doch ausschließlich mehr Kunden möglichst günstig zu akquirieren reicht für das Überleben oder gar für profitables Wachstum im Handel heute bei Leibe nicht mehr aus. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, ein eloquentes Kundenmanagement zu etablieren, das auf eine insgesamt engagiertere und zufriedenere Kundenbasis abzielt. Denn erst eine wirklich gut gemanagte Kundenbasis sorgt beim Händler für gesundes, nachhaltiges, organisches Wachstum: seine Kunden kaufen mehr, kommen häufiger wieder, sind insgesamt weniger preissensibel und motivieren andere, ebenfalls zu bei ihm einzukaufen.
Dementsprechend ist die Fähigkeit der Händler, ihre Marketingstrategie, Organisation und Prozesse an den Erfordernissen organischen Wachstums anzupassen, mittlerweile die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg im Wettbewerb. Doch zwischen Strategieentwicklung und Umsetzung in der Organisation wird in den meisten Organisationen ein wichtiger und oftmals entscheidender Zwischenschritt übersehen – nämlich die Analyse, welche Werttreiber für die Kundenstrategie des Unternehmens den größten Nutzen versprechen.
Das operative Budgetierungsmodel exakt auf die wichtigsten Werttreiber ausrichten
Es gilt also, einen überzeugenden Ansatz zu finden, jeden einzelnen Marketing-Euro in diejenigen Kundensegmente zu investieren, welche die höchsten Wachstumspotenziale versprechen. Typischerweise gelingt die Umsetzung der Marketingstrategie für organisches Wachstum im Kundenbestand (Customer Revenue Maximization) in drei Phasen: Ausgangspunkt ist die Diagnose des Kaufverhaltens der Kunden entlang der wichtigsten Werttreiber (Retail Sales Diagnostic). In der nachfolgenden Planungsphase (Revenue Growth Plan) gilt es, das künftige Potenzial für jeden Kunden auf Basis von konkreten Initiativen oder Maßnahmen entsprechend auszugestalten und die möglichen Effekte auf Basis der Werttreiber zu berechnen. In der dritten Phase kommt es schließlich darauf an, die Umsetzung der Einzelmaßnahmen zu planen, die Erfolgsmessung zu etablieren und die Organisation für kontinuierliche Verbesserungen des Kundenbestands zu gewinnen.
Das Kernproblem der meisten Händler besteht jedoch darin, dass sie bei der Bewertung des Kundenbestands und bei der Budgetierung im Marketing retrospektive Kriterien zu Grunde legen. Statt auf gesunde künftige Rohgewinne mit jedem einzelnen Kunden zu zielen versuchen sie eher, beispielsweise einseitig die Kosten der Kundengewinnung zu senken. Im Ergebnis führt der Mangel in der Ausrichtung des Marketings auf ein umfassendes Bewertungsmodell zu einer wachstumshemmenden „So haben wir es immer schon gemacht“-Mentalität.
Werttreiber zeigen, wo der größte Nutzen zu erwarten ist
Eine zukunfts- und wertorientierte Budgetierung orientiert sich folglich an Werttreibern, die sowohl Einfluss auf kritische Größen im Kundenmanagement als auch direkt auf das Unternehmensergebnis einzahlen. Oben stehende Grafik listet die Werttreiber für organisches Wachstum auf und zeigt, wie wichtig hierbei fortgeschrittene Analysen sind, die mittels predictive analytics einen Blick nach vorne erlauben und dadurch die Abschätzung der Wertbeiträge jedes Werttreibers vor der eigentlichen Initiativen-Umsetzung erlauben. Doch oftmals fehlen den Organisationen entsprechende Fähigkeiten, etwa den predicted Customer Lifetime Value (pCLV) zu bestimmen, um die Sinnhaftigkeit von Investitionen in jeden einzelnen Kunden abschätzen zu können oder Predicted Loyalty Segments (PLS) um herauszufinden, wie sich Kunden bezogen auf ihre künftige Kaufaktivität entwickeln werden. Diese Fähigkeiten sind heutzutage jedoch günstig und ohne großen Implementierungsaufwand sofort einsetzbar.
Da jedoch selten sämtliche Werttreiber auf einmal mit sofort umsetzbaren Initiativen hinterlegt werden können, müssen sie entsprechend analysiert, bewertet und in Workshops mit der Unternehmensführung priorisiert werden. So werden diejenigen Treiber identifiziert, die für die organische Wachstumsstrategie des Unternehmens den größten Nutzen versprechen. Die Priorisierung erfolgt anhand folgender Kriterien:
- Wirtschaftlichkeit
Hier wird geprüft, welchen Beitrag ein Werttreiber bisher zum Erfolg des Unternehmens geliefert hat und was er künftig leisten kann. - Vorhandene Fähigkeiten
Hierbei geht es um die Frage, welche Fähigkeiten ein Unternehmen für die Werttreiber braucht, bzw. wie groß ist die Lücke zur Best Practice ist und wie diese in angemessener Zeit geschlossen werden kann. - Operative Prozesse
Schließlich ist zu bewerten, inwieweit die vorhandene Prozesse und Kultur die Werttreiber unterstützen. Setzt man auf eine Test & Learn-Kultur, müssen Experimentier- und Innovationsfreude im Unternehmertum gefördert werden.
Die Organisation aufstellen, damit die Werttreiber optimal zur Zielerreichung beitragen
Bei der Umsetzung der wertgetriebenen Wachstumsstrategie gilt es dann, das vorhandene Operating Model im Vertrieb und Marketing an den Werttreibern für organisches Wachstum entsprechend auszurichten. Dabei sind drei Dimensionen entscheidend:
- People
Festlegen von Organisationsstruktur und Berichtslinien sowie das Ausgestalten der Rollen und Zuständigkeiten von Führungskräften und Mitarbeitern. Außerdem ist zu klären, welche Kompetenzen und welches Know-how intern/extern benötigt werden, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. - Process
Definition von klaren Prozessen und Verantwortlichkeiten inklusive der Endprodukte, erforderlichen Aktivitäten und Schnittstellen. Dazu gehört ebenso die Festlegung von Planungshorizonten und ReviewMeetings sowie die erforderlichen Regeln und Kennzahlen im Performance Management. - Tech
Auswahl erforderlicher unterstützender Instrumente und Schnittstellen (z.B. Kampagnenmanagement und Scripts zur Automatisierung).
Organisches Wachstum im Handel entsteht, wenn auf der Basis von Werttreibern die gewinnbringendsten Strategien für die eigene Kundenbasis operationalisiert werden, um so ausgehend von einem gesunden Kundenbestand die Weichen für weiteres profitables Wachstum zu stellen. Denn auch Optimierungsbemühungen in den Bereichen Beschaffung oder Merchandising spielen auf der Grundlage wichtiger Customer Insights erst ihr volles Potenzial aus.