Zwischen 60% – 95% des Gesamtumsatzes im Einzelhandel wird durch Bestandskunden generiert. Besonders im Onlinebereich werden aber rund 80% der Marketingbudgets in die Kundengewinnung investiert. Händler tun sich schwer dabei, wie man die recht teuer gewonnenen Kunden auch behalten kann. Der Schlüssel zur profitablen Entwicklung des gesamten Kundenbestands liegt im Verständnis der Kaufgewohnheiten jedes einzelnen Kunden und dem passenden Zuschnitt der Botschaften und Angebote über seinen gesamten Lebenszyklus. Dies wird am besten durch Lifecycle-Marketing erreicht. Lifecycle-Marketing im Einzelhandel bedeutet, sämtliche Kundeninteraktionen zu analysieren, das Kundenverhalten vorherzusagen und mit diesem Wissen die passenden Informationen für jeden Kunden entlang seines augenblicklichen Lebenszyklus zu senden.
Vorteile von predicitve analytics
Im Lifecycle Marketing befindet sich der Kunde nicht notwendigerweise in einem Trichter. Die decision-making journey, wie sie von McKinsey vorgelegt wurde, erklärt den Entscheidungsprozess der Konsumenten als eine Art Schleife innerhalb einer Schleife, beginnend mit einer anfänglichen Kaufentscheidung, die in einem Bindungszyklus nach einer Transaktion mündet.
Kundenloyalität wird in diesem Zusammenhang als ein flüchtiges Gut interpretiert und nicht wie in einem Trichter als linearen Prozess. Der erneute Kauf eines Kunden ist dabei abhängig von der Zufriedenheit mit dem letzten Kauf (Kauferfahrung, Kundenzufriedenheit), den Kundenanforderungen (typisches Wiederbeschaffungsverhalten, ergänzende Produkte) und typischen individuellen Einkaufsgewohnheiten (Konzentration auf wenige Shops, Preis-/Leistungsvergleiche, Suche, Händler im Relevant Set). Solch ein zyklisches Transaktionsmodell kommt daher dem wahren Konsumverhalten näher als ein reines lineares Trichtermodell. Der Zeitpunkt des Kaufs allein ist daher auch nicht einziger bestimmender Faktor. Daher können Marketingkampagnen, die beispielsweise auf Kunden zielen, deren letzter Kauf 180 Tage zurück liegt, kaum ihre Wirkung entfalten. McKinsey weist darauf hin, dass sich Konsumenten auch nach einem Kauf nach Alternativen und Bewertungen umschauen. Der Verkauf eines Artikels ist also kein dauerhafter Sieg, er ist nur eine weiterer Schritt bzw. ein weiterer Abschnitt des Lebenszyklus, den Wettbewerber jederzeit unterbrechen können.
Erfolgreiches Lifecycle Marketing verwendet predicitve analytics Methoden um vorherzusagen, wenn ein Kunde bestimmte Stufen im Lebenszyklus erreicht. Diese werden fortlaufend berechnet. Wesentliche Einflussfaktoren zum Erreichen eines bestimmten Abschnitts im Kundenlebenszyklus sind unter anderem ein Maß für künftige Kaufaktivität, der prognostizierte Kundenlebenswert und die vorhergesagte Preissensibilität. Damit gelingt es Händlern durch Lifecycle Marketing jeden Kunden zu jedem Zeitpunkt optimal zu behandeln, sei es bei der Gewinnung, Entwicklung, Bindung oder Reaktivierung. In Summe macht dies aus jedem Kunden eine profitable Erlösquelle und über alle Kunden hinweg erreicht man eine höchst mögliche Customer equity.
Grundlage für Lifecycle Marketing ist ein funktionierendes Kundenmodell und betriebswirtschaftliche Vorgaben
Zuallererst muss der Kundenbestand mit einem dynamischen Kundenlebenszyklus-Modell versehen werden. Auf dessen Grundlage können dann später entsprechende Angebote und E-Mail-Kampagnen für jede Stufe im Kundenlebenszyklus entwickelt werden. Für die Modellierung von Kundenbewegungs- und Transaktionsdaten eignet sich besonders ein Ansatz, der die Stärke der Beziehungen zwischen dem Händler und seinen Kunden bewertet – die sogenannte Predictive Loyalty Segmentation. Grundlage für diese fortgeschrittene Methodik sind die für jeden Kunden unterschiedlichen Einkaufsgewohnheiten, die sich aus der unterschiedlichen Anzahl an Einkäufen, Kaufabständen, den jeweiligen Umsätzen und der seit dem letzten Kauf vergangenen Zeit ergeben.
Predicted Lifecycle Segments erlauben einen tiefen Einblick in die Wechselwirkungen im Kundenbestand und bilden Grundlage für betriebswirtschaftliche Zielvorgaben in jedem einzelnen Kundensegment. Diese Vorgaben zeigen Lücken in der Umsatzpotenzial-Ausschöpfung jedes Kundensegments auf und weisen den Weg für eine zielführende Budgetierung der Bestandskundeninvestitionen für maximalen ROI der Marketinginvestitionen für jeden Kunden. Typische Erlös- und Kostensekungsquellen im Kundenbestand, die durch Predicted Lifecycle Segments erschlossen werden können, sind:
Effizientere Suche nach neuen Kunden:
- Identifizieren von Quellen für Kunden mit hohen Customer Lifetime Value (CLV)
- Begrenzung der Customer Acquisition Costs (CAC) auf Basis der geschätzten CLV
- Konvertieren von Besuchern in Kunden
Effektivere Entwicklung von Kunden:
- Marketingeinverständnis/E-Mail subscription
- Onboarding
- Erhöhung der Chancen für einen Folgekauf (+1)
- Erhöhung der Anzahl an Stammkkunden
- Steigerung der Kundenfrequenz (stationär & Website)
- In Store Purchase / On Site Purchase (Conversion)
- Steigerung der Warenkorbwerte
- Erzielung höherer Margen
- Höherer Share of Wallet
- Steigerung der Upsellingrate
- Kunden zu Empfehlern machen und Beurteilungen stimulieren
Kundenbindung
- Identifizieren drohender Abwanderungen (virtual churn)
- Verhindern von Inaktivität (attrition)
- Aktivierung inaktiver Kunden
Professionelle Bestandskundenbearbeitung ist Detailarbeit
Lifecycle Marketing lohnt sich, denn auf das initiale Investment in das Kundenmodell und die Konzeption der Ansprachen folgen nur noch geringe Zusatzkosten aufgrund des möglichen hohen Automatisierungsgrades und des vergleichbar geringen weiteren Pflegeaufwands. Es ergeben sich zwangsläufig eine Menge Fragestellungen in der Folge und viele mögliche Marketinganstöße. Daher sollte man vorher überlegen, welche Maßnahmen die gewinnbringendsten sind und womit man mit der Automatisierung beginnt.
Bei vielen Händlern fehlt jedoch oft ein konkreter Vorgehensplan. Oder es fehlt am richtigen Fokus. Manche Unternehmen fangen beispielsweise schon an, verschiedene Betreffzeilen aktivierender E-Mails oder bestimmte Layouts gegeneinander zu testen, ohne zu wissen, wo im Bestand eigentlich die größten Potenziale schlummern. So werden beispielsweise wertvolle Powershopper, die gut für 60-95% der Umsätze sind, nicht weiter ausgeschöpft, gehalten oder zurückgewonnen. Statt dessen optimiert man kaum messbare Unterschiede bei Responseraten verschiedener Ansprachen an Einmalkunden. Durch professionelle Unterstützung kann man recht schnell analytisch abgesicherte Zielsetzungen für jedes Segment bestimmen. Hierdurch wird sichergestellt, dass setzt diejenigen Initiativen als erstes umgesetzt werden, die den höchsten ROI abwerfen. Marketing Automation heißt, schnell zu den richtigen Selektionsvorgaben zu kommen, denn Automatisierung muss sich rechnen.